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Das rätselhafte vierte Paradoxon Zenons
 
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Knut Hacker
Gast





BeitragVerfasst am: 09. Jan 2012 17:45    Titel: Das rätselhafte vierte Paradoxon Zenons Antworten mit Zitat

Zenons Paradoxien betreffen die gedanklich unendliche Teilung und in diesem Zusammenhang die Bewegung über unendlich viele Teilstrecken hinweg oder in einem starren Raumzeitrahmen. Sie konnten letztlich erst durch die Spezielle Relativitätstheorie und die Quantenphysik aufgelöst werden. Die Infinitesimalrechnung brachte keine Auflösung der Paradoxien, sondern lediglich eine Beschreibung. Die Lösung durch die modernen Naturwissenschaften gleicht derjenigen von Aristoteles, dass das Ganze nicht lediglich die Summe seiner Teile ist, sondern qualitativ etwas anderes, da die Teile ja erst durch die reale Teilung entstehen und dabei immer endlich bleiben.

Rein sprachlich unverständlich bleibt jedoch die vierte Paradoxie Zenons. Hier die deutsche Übersetzung aus Aristoteles, Phys.Z9, 239b 33ff (DK 29 A 28 ). Das griechische Original kann bei Reclam, Die Vorsokratiker II, herangezogen werden.
Den rätselhaften Teil markiere ich mit einem Fragezeichen in Klammern. Meiner Ansicht nach kann wegen der offensichtlichen Unlogik der Argumentation nur ein Überlieferungsfehler vorliegen, wobei die Urfassung und damit die Aussage des Paradoxons wohl nicht mehr rekonstruierbar ist.

Was meint ihr?

„Das vierte (Argument) handelt über die sich im Stadion aus entgegengesetzter Richtung bewegenden, gleichen und an gleichen (vorbeikommenden) Körper, die einen vom Ende des Stadions, die anderen von der Mitte (des Stadions), mit gleicher Geschwindigkeit.
Der Trugschluss besteht darin, dass gefordert wird, die gleiche Ausdehnungsgröße komme mit gleicher Geschwindigkeit in gleicher Zeit sowohl an einer sich bewegenden als an einer ruhenden (Ausdehnungsgröße) vorbei. Das ist falsch.
Nehmen wir zum Beispiel an, die mit AA zu bezeichnenden gleichen Körper stehen still, und die mit BB zu bezeichnenden beginnen von der Mitte (des Stadions) aus und sind der Zahl und der Ausdehnungsgröße nach diesem (den AA-Körpern) gleich, und die mit CC zu bezeichnenden (beginnen) am Ende (des Stadions) und sind der Zahl und der Ausdehnungsgröße nach diesen (den AA-und BB-Körpern) gleich und haben die gleiche Geschwindigkeit wie die B-Körper.
Dann folgt, dass wenn die Körper sich aneinander vorbeibewegen, das erste B zu der gleichen Zeit bei dem letzten ( C ) ist wie das erste C ( bei dem letzten B).
Weiter folgt, dass das (erste) C an allem B´s vorbeigekommen ist, während das (erste) B nur an der Hälfte (der C´s ) vorbeigekommen ist ( ? ), so dass die Zeit die halbe (Zeit) ist.Denn jeder von diesen beiden (B1 und C1) befindet sich für eine gleiche Zeit neben jedem Einzelkörper (der anderen Reihe).
Andererseits folgt zugleich, dass das (erste) B. an allen C´s vorbei gekommen ist, denn das erste C. und das erste B sind zu gleicher Zeit bei den letzten ( Körpern der sich in) entgegengesetzter (Richtung bewegenden Gruppe), und (das erste C) verbleibt die gleiche Zeit neben jedem einzelnen B. wie neben jedem einzelnen A, wie er (Zenon) meint, weil beide (das heißt sowohl C´s als auch B´s) die gleiche Zeit neben den A´s verweilen.
So also lautet das Argument, dass falsch ist aufgrund des oben Ausgeführten.“ ( Übersetzung nach Reclam am angegebenen Ort).

Dass Zenon lediglich zum Ausdruck bringen wollte, dass sich die Geschwindigkeit der B´s im Verhältnis zueinander verdoppelt, aber im Verhältnis zu den ruhenden A´s gleich bleibt, erscheint wegen der Banalität einer solchen Aussage unwahrscheinlich.
Knut Hacker
Gast





BeitragVerfasst am: 14. Jan 2012 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Ich will die Sache noch einmal an einem modernen Beispiel veranschaulichen und frage mich nach wie vor, was denn da paradox sein soll:

Auf Gleis A steht der Zug A, am linken Ende die Lok, am rechten der Schlusswagen.
Auf dem parallelen Gleis B fährt an ihm der gleichlange Zug B von links nach rechts vorbei und benötigt dazu eine Minute.
Auf dem parallelen Gleis C kommt ihm der gleichlange Zug C gleich schnell entgegen und zwar so, dass die Lok des Zuges B gerade beginnt, an der des Zuges A. vorbeizufahren, als die Lok des Zuges C gerade beginnt, an dem Schlusswagen des Zuges A. vorbeizufahren.

Dann benötigen die Züge B und C nur eine halbe Minute, um vollständig aneinander vorbeigefahren zu sein, obwohl sie eine Minute benötigen, um an A vorbeigefahren zu sein.

Das ist aber doch kein Wunder, denn in der halben Minute, in der die Züge B und C aneinander vorbeigefahren sind, sind sie ja je nur zur Hälfte am Zug A vorbeigefahren: In Höhe der Mitte des Zuges A befindet sich dann das Ende des Schlusswagens des Zuges B und das Ende des Schlusswagens des Zuges C!

Wo liegt also das Paradoxon?
Goldenhind
Administrator


Anmeldungsdatum: 28.03.2006
Beiträge: 1085
Wohnort: Bremen

BeitragVerfasst am: 14. Jan 2012 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Knut,
hast du schon einmal diese Seite gesehen?
http://plato.stanford.edu/entries/paradox-zeno/#Sta
Knut Hacker
Gast





BeitragVerfasst am: 15. Jan 2012 19:52    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für den link! Leider sind meine Englischkenntnisse sehr beschränkt. Aber soweit ich verstanden zu haben glaube, bleibt auch dort offen, was Zenon ausdrücken wollte, falls es sich bei dem von Aristoteles überlieferten Text tatsächlich um die Originalfassung handelt, diese also nicht, wie vermutet, später verstümmelt worden ist (auffällig ist ja z,B., dass im überlieferten Text die Hervorhebung, dass die von links kommende Läufergruppe in der Stadionsmitte startet, keinen rechten Sinn bekommt).
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