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Goldenhind
BeitragVerfasst am: 02. Nov 2010 15:44    Titel:

Okay, das klingt für mich einleuchtend. Ich hoffe wir haben jetzt den Roman nicht völlig verwirrt.
ayumiko
BeitragVerfasst am: 02. Nov 2010 12:00    Titel:

Ja genau so habe ich es aufgefasst.


Konj. Plqpf. drückt ja (eigentlich) eine Vorzeitigkeit aus. Vorzeitigkeit in der direkten Rede wäre ein Perfekt. Dieses Perfekt ist ja aber, wenn wir von einem potentialen Sinn ausgehen, zeitstufenlos. Und deswegen würde ich es im Deutschen nicht mit einer Vorzeitigkeit übersetzen, weil ja im Deutschen die Vorzeitigkeit einen Irrealis ausdrückt und keinen Potentialis.

Ist das alles verwirrend .... smile
Goldenhind
BeitragVerfasst am: 02. Nov 2010 10:22    Titel:

Hallo ayumiko,

da habe ich jetzt auch nochmal eine Nachfrage:
Also du fasst den Konditionalsatz in dem Satz über Platon als Potentialis auf, richtig?
In einem Potentialis steht ja normalerweise Konjunktiv Präsens oder Perfekt, wobei Konjunktiv Perfekt ausdrückt, dass es zeitstufenlos ist.
Wenn der Satz hier also in der lateinischen direkten Rede stünde, würde Konjunktiv Perfekt benutzt und aufgrund der consecutio temporum steht nach "putavit" statt Konjunktiv Perfekt Konjunktiv Plusquamperfekt?

MfG Goldenhind
ayumiko
BeitragVerfasst am: 02. Nov 2010 08:11    Titel:

Lieber Roman,

schau dir mal die Erklärung zur consecutio temporum auf dieser Webseite an: http://www.8ung.at/palatia/ct.PDF

Was das Futur anbelangt, da ist der Römer sehr viel pingeliger und strenger als der Deutsche. Wir sagen zum Beispiel problemlos "ich freue mich wenn du kommst", sowas wäre im Lateinischen nicht möglich, das "kommen" hat einen Zukunftscharakter also würde der Römer an der Stelle IMMER ein Futur wählen. Wenn du die genauen Bedeutungsfeinheiten heraus bekommen willst, versuche einfach mal den Satz in die direkte Rede umzuwandeln.

Es geht ja hier darum, dass er was schwört. Stell dir mal die Situation vor, der steht vor der Masse und sagt "ich schwöre: Ich werde zurückkommen!" In dieser Aussage würde er sicherlich keinen Hauch eines Zweifels aufkommen lassen, es ist ja eine Drohung. Von daher wäre im deutschen ein Konjunktiv unangemessen.

"er würde zurückkommen" hat den Beigeschmack - also wenn ihr das nicht tut, kann es passieren dass ich zurückkomm, aber vielleicht auch nicht. Das ist beim Futur nicht gegeben. Und dein Vorschlag "dass er zurückkehrte" wäre einfach eine falsche Wiedergabe der direkten Rede im Deutschen.

Im Deutschen wird die Indirekte Rede nach folgendem Schema wiedergegeben:

Präsens > Konjunktiv Präsens
Perfekt / Präteritum > Konjunktiv Perfekt
Futur I > Konjunktiv Futur I

Wenn die Form des Konjunktiv Präsens mit der Indikativform übereinstimmt, wählt man eine Form des Konjunktiv II bzw. die Ersatzform mit "würde"

Wenn du dir den Satz jetzt nochmal vor Augen hältst:

Als Regulus in Afrika aus einem Hinterhalt heraus gefangen genommen worden war, wurde er vom Feldherrn Hamilkar, dem Vater Hannibals, nach Rom zum Senat geschickt, nachdem er geschworen hatte, dass er selbst nach Carthago zurückkehren werde, wenn den Puniern nicht einige adlige Gefangene von den Römern zurückgegeben würden.

Das heißt in der direkten Rede:

Als Regulus in Afrika aus einem Hinterhalt heraus gefangen genommen worden war, wurde er vom Feldherrn Hamilkar, dem Vater Hannibals, nach Rom zum Senat geschickt, nachdem er geschworen hatte: "ich werde selbst nach Carthago zurückkehren, wenn den Puniern nicht einige adligen Gefangenden zurückgegeben werden!"

Somit hast du zwei mal Futur I in dem Satz was nach dem obigen Schema in der indirekten Rede mit dem Konjunktiv Futur I wiedergegeben wird.

In deinem ersten Satz hast du glaub ich den Sinn nicht ganz erfasst:

Platon, glaubte, dass dann schliesslich die Staaten glücklich sein würden, wenn entweder gelehrte und weise Menschen beginnen würden, diese zu regieren, oder wenn diejenigen, die sie regierten,...

Platon glaube: "wenn gelehrte und weise Menschen beginnen würden zu regieren, wären die Staaten glücklicher". Das ist ein hypothetisches Konditionalgefüge. Er denkt sich, dass es schön wäre. Diese Bedinung ist in der Vorstellung des Sprechers erfüllbar.

Wenn du das mit einem "begonnen hätten" wiedergibst, hast du eine Sinnveränderung. Damit wird es nämlich zum Irrealis, eine Bedingung, die nicht erfüllt und nicht mehr erfüllbare ist. Und das ist ja nicht das, was Platon ausdrückt.


Ist es dir damit klar geworden?
Goldenhind
BeitragVerfasst am: 01. Nov 2010 22:35    Titel:

Hallo Roman,

das hängt mit der lateinischen Consecutio Temporum zusammen, die ein sehr kompliziertes Thema ist. In welchem Tempus ein lateinischer Konjunktiv in einem Nebensatz steht, hängt auch vom Tempus des übergeordneten Verbs ab.
Normalerweise würde nach "ut" der Konjunktiv Präsens stehen. Da aber das übergeordnete Verb ("iuratus") in einem Vergangenheitstempus steht, wird statt dem Konjunktiv Präsens der Konjunktiv Imperfekt benutzt.

Im Falle des Konditionalsatzes liegt die Vorzeitigkeit, die durch das Plusquamperfekt ausgedrückt ist, wohl im Bezug auf das glücklich werden, aber da bin ich mir auch nicht ganz sicher.

MfG Goldenhind
Roman
BeitragVerfasst am: 01. Nov 2010 21:09    Titel: Zeitenfolge Indirekte Rede

ich habe eine Frage zum Text "Cicero, epistula ad Quintum fratrem I, 1, 27-29" und zu "Cicero de off. 3, 99-100.

Und zwar handelt es sich um ein Problem der Zeitenfolge innerhalb der indirekten Rede.

In "epistula ad Quintum fratrem" heisst es im lateinischen Text wie folgt:

Atque ille quidem princeps ingenii et doctrinae Plato tum denique fore beatas res publicas putavit, si aut docti ac sapientes homines eas regere coepissent aut ii, qui regerent

In der Lösung die ich bei mir habe lautet es dann:

Und jener Erste an Begabung und Gelehrsamkeit freilich, Platon, glaubte, dass dann schliesslich die Staaten glücklich sein würden, wenn entweder gelehrte und weise Menschen beginnen würden, diese zu regieren, oder wenn diejenigen, die sie regierten,...

das Verb esse wird ja hier korrekterweise in der Nachzeitigkeit wiedergegeben (fore), das ist kein Problem. mehr Mühe bereitet mir die Zeitenfolge bei "coepissent". Das wäre ja eigentlich ein Konjunktiv Plusquamperfekt, korrekterweise müsste es also nach dem Zeitenfolgeschema in der Indirekten Rede heissen, da VZ: Platon glaubte, wenn entweder gelehrte und weise Menschen BEGONNEN HÄTTEN... oder habe ich da mit der Zeitenfolge etwas nicht begriffen?

Bei zweiten Text habe ich in etwa das gleiche Problem, da steht nämlich:

Regulus cum in Africa ex insidiis captus esset, ab imperatore Hamilcare, patre Hannibalis, missus est Romam ad senatum iuratus, ut, nisi Poenis captivi nobiles quidam a Romanis redditi essent, rediret ipse Carthaginem.

Die Übersetzung lautet:

Als Regulus in Afrika aus einem Hinterhalt heraus gefangen genommen worden war, wurde er vom Feldherrn Hamilkar, dem Vater Hannibals, nach Rom zum Senat geschickt, nachdem er geschworen hatte, dass er selbst nach Carthago zurückkehren werde, wenn den Puniern nicht einige adlige Gefangene von den Römern zurückgegeben würden.

warum hat hier das Konjunktiv Imperfekt "rediret" plötzlich Futur-Charakter? müsste es nicht eher heissen: dass er [...] nach Carthago zurückkehrte / zurückkehren würde? und hier habe ich das gleiche Problem mit dem Konjunktiv Plusquamperfekt "redditi essent". Nach Zeitenfolge müsste es doch heissen: wenn nicht einige adlige Gefangene von den Römern zurückgegeben worden seien?

Besten Dank schon jetzt für etwelche Erklärungsversuche:

Roman

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